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Brücke im Val Mora - ein grandioser Trail

Der Tag der schweren Beine

Wir frühstücken noch mit Arne und bekommen von ihm die Reservierungen für die ausstehenden Übernachtungen. Er braucht sie nicht mehr und ich selber habe noch nichts gebucht, da ich mir nicht sicher war, ob wir die Etappen wie geplant einhalten können, oder ob wir evtl. vorher aufgeben müssen. Das hilft uns immens - daher danke noch Mal an dieser Stelle. Ich trödel in der früh wieder zu lange, so dass wir erst um 8:30 loskommen. Es nieselt ein wenig und der Himmel ist bedeckt, also ziehen wir zum ersten Mal auf dieser Reise unsere Regenjacken an. Nach 500m stellen wir fest, dass es nicht genug regnet und ziehen die Jacken gleich wieder aus. Es geht zunächst direkt auf Schotter bergauf - gar nicht gut für Chrissis angeschlagene Muskulatur. Wir müssen heute auch noch 200 Höhenmeter mehr fahren, weil wir in Santa Maria und nicht in Lü oder Tschierv übernachtet haben.

Und es tritt das ein, wovor ich mich am meisten gefürchtet habe - Chrissis Muskeln machen schlapp. Sie kann vor Schmerzen nicht mal mehr richtig aufs Rad steigen. Wir machen viele Pausen und brauchen unheimlich lange bis zum Pass (wobei es diesmal eigentlich gar kein richtiger Pass ist). Aber wenigstens verläuft die heutige Etappe nach dem Pass nur noch flach, Ab dem höchsten Punkt geht es anfangs auf Schotter bergab durch ein gespenstisches Tal - das Val Mora.

Ich würde mich nicht wundern, wenn hier gleich ein paar Orks hinter einem der Steine hervorspringen würden. Chrissi geht es wieder besser, weil die Muskeln nicht mehr permanent belastet werden. Wir sehen plötzlich unser erstes Murmeltier. Hören tun wir sie ja ständig.

Der Schotterweg mündet in einen flowigen Single-Trail. Knapp 1m breit, nah an der Abbruchkante und ein ständiges Auf und Ab. Höllisch gut zu fahren und auch Chrissi grinzt zum ersten Mal an diesem Tag von Ohr zu Ohr.

Bisher hielt ich die Abfahrt vom Tremalzo für das Nonplusultra, aber ab jetzt ist der Val Mora Trail das neue Maß der Dinge. Leider hört der Trail irgendwann mal auf und wir kommen an den Lago di Giaccomo Stausee. Türkisblaues Wasser, Holzhütten und im Hintergrund die Berge, Wir könnten auch in Schweden sein, und nicht in Italien.

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der Val Mora Trail - unglaublich - hätte ich keine Ohren, würde ich im Kreis grinzen

Wir umrunden den See und kehren im Rifugio Monte Scale ein, das mit unzähligen Italienern gut gefüllt ist. Vorher treffen wir bereits die Entscheidung, dass wir heute die Alternativ-Route nach Grossio nehmen und uns so knapp 400 Höhenmeter sparen.

Wir kommen dadurch auch früher am Hotel an und haben Zeit zum  Regenerieren. Alles Andere wäre ein Unsinn und würde das gesamte Projekt Alpencross 09 gefährden - zudem die beiden folgenden Etappen wieder über 2000 Höhenmeter beeinhalten. Wir stärken uns am Riffugio mit hausgemachten Gnocchi mit Spinat, bzw. braunen Bandnudeln mit Kartoffeln und zerlaufener Butter (den Namen habe ich vergessen), trinken noch einen Espresso und treten die Abfahrt an.

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unzählige Kehren bei der Abfahrt in Richtung Grossio

Es ist zunächst ein irrer Asphalt-Downhill mit unzähligen Kehren. Unten angekommen wähne ich uns schon in Grossio - aber nix ist. Wir sind erst in Bormio. von da aus sind es noch (wieder Mal gefühlte) 100 km bis nach Grossio.Wenigstens geht es bergab. So durchqueren wir Santa Lucia, Sondalo und unzählige andere Dörfer bis wir endlich in Grossio ankommen.

Eigentlich ist die Alternativ-Route sogar länger als die Original-Route - nur der letzte Berg fällt weg. Bei strahlenden 31 Grad rollen wir in Grossio vor dem Hotel Sassella an. Das Motto "Biker sind unsere Freunde" wird 100%ig umgesetzt. Ich bekomme einen Gartenschlauch zum Putzen der Bikes und danach eine komplett ausgestattete Werkstatt als Parkplatz für unsere Drahtesel - irre. Auch wenn wir lediglich die Ketten ölen müssen und keine größeren Reparaturen anstehen. Das Hotel hat einen Wellness-Bereich, den wir kostenlos nutzen können. Chrissi bekommt eine Massage und zum Essen gibt es ein Bike-Menue. Auf unserem Tisch-Kärtchen steht sogar "Biker".

Man wird von jeder Ecke umsorgt und der Chef persönlich gießt sogar noch Olivenöl auf meine Nudeln. Zu sagen, dass ich hier beeindruckt bin, wäre fast schon untertrieben. Auch beim Abschied werden wir vom Hotelchef persönlich per Handschlag auf unsere Reise geschickt. Definitiv ein weiteres Highlight dieser Tour.

Gedanken zum Tag:

  • wenn die Beine tot sind, kann auch der stärkste Kopf nichts ausrichten
  • Val Mora mit dem Bike ist unvergesslich
  • ich bin ein ganz brauchbarer Motivator
  • Hotel Sassella würde von mit glatt 5 Sterne bekommen..
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Schweden? - oder doch am Lago di Giaccomo..

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