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Sonnenaufgang über Pezzo

Warum machen wir das hier?

Bei angenhmen 20 Grad starten wir um 8:17 Uhr in Pezzo. Die gemütliche Atmosphäre bei Yuri und das leckere Frühstück haben unsere Laune gehoben. Chrissi gibt Yuri noch ein paar Verbesserungs-Tipps für sein Müsli, damit sich Biker in Zukunft noch wohler bei ihm fühlen. Wir fahren gemütlich auf Teer bergan bis zum Dörfchen Case di Viso. Alle Häuser dort sind aus Naturstein gebaut - ein wunderschöner Anblick. am Dorfrand treffen wir das Paar aus Feiburg wieder, plauschen ein bißchen und lassen sie vorfahren, da sie nicht in unserem Tempo unterwegs sind.

Nach dem Dorf beginnt ein Schotterweg - nicht besonders steil, aber mit losen, nachgebenden Steinen durchsetzt - daher schwer fahrbar. Nervig sind vor allem die handvoll Autos, die uns überholen, oder uns entgegenkommen. Da der Weg sehr schmal ist, müssen wir immer wieder absteigen, um sie vorbei zu lassen.

Irgendwann überholen uns zwei Wanderer im Power-Walking-Modus - schon ein bißchen entmutigend. Ab dem Riffugio Bozzi wird der Weg extrem steil. Zu Fuß bereits nicht einfach, wird die Passage mit dem Bike eine konditionelle Herausforderung. Da wir schon 2400m weit oben sind, merken wir die dünne Luft und müssen häufig Pausen machen, bis wir den Gipfel erreichen. Am Forcelina di Montozzo erschlägt uns die Aussicht wieder Mal.

Der Weg bergab windet sich an der Bergflanke als schmaler Trail. Wir lassen den hormongesteuerten, italienischen Bikern den Vortritt, bevor wir selber den Weg in Richtung Tal antreten. Der Weg ist anfangs super fahrbar, wird jedoch mit jedem Meter zunehmend verblockter und schwieriger, so dass wir auch hier wieder schieben müssen.

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40% Steigung zum Forcellina di Montozzo - hier schiebt jeder..

Der Blick auf den Lago di Pian Palú entschädigt hier nicht wirklich (auch wenn es schon ziemlich genial ist, von hier oben auf das türkis glitzernde Wasser zu blicken). Auch die Frau von unserem Freiburger Paar schiebt - obwohl sie in Grossio erzählt hatt, dass sie den Fimberpass komplett gefahren ist. Zugegeben ließ mich das etwas an meiner eigenen Fahrtechnik zweifeln - aber jetzt bin ich wieder beruhigt, denn ich kann hier zumindest einige Passagen fahren.

Trotzdem sind auch für mich maximal 60% des Trails fahrbar - eindeutig zu wenig, um ihn genial zu finden. Am Pian Palú machen wir eine kurze Rast. Ab hier soll es auf einem Radweg 30 km lang nur noch bergab gehen. Irgendwie scheinen die Radwege in Italien ganz anders zu sein, als in Deutschland. Der schön fahrbare Wald-Wurzelweg wird irgendwann so steil, dass Chrissi ihr Bike aus eigener Kraft nicht mehr hoch bekommt.

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Abstieg zum Pian Palú - für uns nicht komplett fahrbar

Wir treffen die 4 Jungs aus dem Sauerland wieder - eigentlich sind es nur 3 von ihnen, denn Holger (der vierte) ist noch irgendwo hinter uns. Ein paar Minuten später taucht er auf, hat gerade einen Salto mitsamt Bike vollführt, zusätzlich noch Hunger wie ein Wolf, und eigentlich keinen Bock sein Rad die vor uns liegende, fast senkrechte Steigung hochzutragen. Wir eigentlich auch nicht, als laufen wir mit Holger zusammen zur Straße während seine Kumpels den Track weiter gehen.

Eigentlich wollten wir noch Etwas essen, haben jedoch nicht bedacht, dass es in Italien zwischen 14 und 17 Uhr schier unmöglich ist, etwas zu bekommen. Wir durchqueren zwar unzählige Ortschaften wie Ossana, Pellizzano, Mezzana und Dimaro (tatsächlich nur bergab), aber überall das gleiche Bild. Also doch nur Energie-Riegel heute, denn es wartet noch der heutige 800 Höhenmeter Schlussanstieg nach Madonna auf uns.

Der beginnt relativ harmlos auf Schotter. Wir kommen zwar gut, jedoch relativ langsam voran. Da es zudem bereits nach 17 Uhr ist, entscheide ich die letzten Kilometer auf der Straße zu fahren, in der Hoffnung den Pass zu umgehen. Funktioniert nicht ganz. Wir schenken uns keinen Höhenmeter, (müssen sogar 50 mehr machen), kommen aber auf Teer viel schneller voran, als auf Schotter.

Es ist bereits 19:30 als wir in Madonna die Campiglio einfahren. Ein riesengroßer Ski-Ort mit unzähligen Hotels, so dass wir uns vier Mal zu unserem Hotel durchfragen müssen (die 50 Meter Angaben entpuppen sich doch eher als 500m). Dann sehen wir zwar unser Hotel, aber keinen Weg dorthin.

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Rast am Stausee Lago di Pian Palú

Genervt fahre ich irgendeine Auffahrt hoch, auch wenn die Wirtin hinterher ruft, dass es da nicht weiter geht. So muss ich zwar die Bikes über zwei Zäune heben und unter Applaus der italienischen Gäste drüber klettern, aber ich habe einfach keinen Bock mehr und will nur noch ankommen.

Unser Hotel-Wirt stellt uns lachend noch einen Stuhl in den Weg uns sagt "hier auch noch drüber". Chrissi kann darüber nicht mehr lachen. Fast 13 Stunden im Sattel haben uns heute an unsere Grenzen gebracht. Körperlich geht es bei mir zwar noch, aber mental war dies der ätzendste Tag.

Unser Wirt fährt uns netterweise mit seinem Auto zu einer Pizzeria, wo es zwar keine Nudeln (ein Skiort ist eben kein Bikeort), dafür aber ein sehr leckeres Tiramisu gibt. Wir trinken noch 1 Liter des leckeren Hausweins, laufen zurück ins Hotel und fallen ziemlich erschlagen ins Bett. Das nette Kaffee-Angebot unseres Hoteliers lehnen wir dankend ab - man muss halt Prioritäten setzen.

Gedanken zum Tag:

  • Straße als Notlösung ist gar nicht sooo schlimm
  • Jedes Hotel hat ein Zufahrt - man muss sie nur finden
  • Irgendwann komm tatsächlich der Punkt, wo man sich fragt: "warum mache ich das hier?"
  • auf Schlußanstiege muss man sich mental sehr gut vorbereiten
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Jede Schiebepassage hat ein Ende - und am Pass scheint die Welt still zu stehen
Ankunft am Forcellina di Montozzo

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