deltaHaengematten
Siesta in den Hängematten

Nach vier Tagen im immer gleichen Bett zieht es uns jetzt wirklich weiter. Das Taxi kommt etwas zu früh, aber so hat der Fahrer noch Zeit, die Bibel zu studieren. Aber entweder hatte er damit zu spät angefangen, oder es ist unser eigenes schlechtes Karma - oder SMS-Schreiben während der Fahrt ist einfach wirklich nicht so schlau, jedenfalls übersieht er nach ca 1 Std Fahrt ein fettes Schlagloch, und weitere 15 Min später legt das Auto eine ungeplante Vollbremsung ein (zum Glück nicht bei 140 und voller Fahrt, sondern bei Schrittgeschwindigkeit vor einem Kontrollpunkt). Fazit: Radaufhängung gerissen, Auto tot. Relativ schnell kommt zwar Ersatz, aber da der Fahrer jetzt die verlorene Zeit wieder einholen will folgt ein ziemlicher Horrortripp.

Wieder um ein Abenteuer reicher steigen wir irgendwann irgendwo im Nirgendwo, jedenfalls aber im südlichen Orinoco-Delta aus. Es empfängt uns Ninoska, die Frau unseres neuen Guides Roger, und mit ihr die völlige Ruhe. Wie so oft sind wir die einzigen Gäste, was in Venezuela bedeutet: wenn es dunkel wird kann man nur noch Schlafen gehen.

deltaEisvogel
Der Eisvogel, fast immer zu sehen
Am Morgen des Ostersonntags gehts nach dem Frühstück mit Roger aufs Boot und auf den Orinoco. Da in der Zwischenzeit das Ende der Trockenzeit erreicht ist, haben die kleinen Zuflüsse fast kein Wasser, dafür findet man aber mehr Tiere direkt am Fluss. Wir biegen mehrfach in kleinere Flussarme ein, sehen riesige Eisvögel und Fischadler - und plötzlich einen dunklen Schatten im Wasser. Und noch einen. Eine Familie von Fussdelfinen umkreist das Boot!! Immer wieder springen sie über die Wellen, die unser Boot hinterläßt!

Später überbrücken wir die Zeit bis zur Flut mit Baden und wieder mit Piranha-Fischen. Letzteres hat dieses Mal allerdings tatsächlich was mit Angeln zu tun und nicht mit verfressene-Fische-fangen, daher sind wir leider erfolglos... Dennoch erleichtert uns der durch die Flut gewonnene halbe Meter mehr Wasser den Weg zum Mittagessen, und zu einer Siesta in den Hängematten des Camps. Unterwegs sehen wir immer wieder Rauchsäulen aufsteigen. Roger erklärt uns, dass die Venezolaner so ihr Weideland wieder auf Vordermann bringen. Gelöscht wird allerdings, indem man auf Regen hofft. Da der jetzt aber seit 4 Monaten auf sich warten läßt wäre vor einer Woche beinahe sein Camp abgebrannt.

Nachmittags sehen wir bei einem Landspaziergang aber auch, dass tatsächlich sofort wieder grüne Triebe durch die verbrannte Erde kommen. Wir geniessen noch den tollen Blick über die Bucht, müssen uns dann aber auch schon fast wieder beeilen, denn es wird dunkel. Nach einem weiteren fugalen Mahl geht es ins Bett.

deltaJeep
Beförderung auf der Ladefläche des Jeeps - wackelig aber cool

Die Tour am zweiten Tag startet dank Rogers eher weniger hellem indianischen Assistenten etwas später (er sollte den Motor des 10Min entfernt stehenden Bootes warmlaufen lassen, hatte aber beim Ankommen festgestellt, dass er das Benzin vergessen hat...) Dafür soll der Trip aber den ganzen Tag gehen. Wir fahren als erstes zu einem kleinen Indio-Dorf. Unterwegs klärt uns Roger wieder ausgiebig ueber die Flora und fauna auf, und kann uns sogar Brüllaffen zeigen! Die männlichen Indios sind zwar grade auf Nahrungssuche ausgeflogen, aber die Frauen und Kinder liegen gemütlich in den Hängematten.

Sie zeigen uns ihr Essen, u.a. zwei ca. 50cm grosse, noch lebendige Leguane, aber wir stellen fest: auch hier hat die Zivilisation bereits Einzug gehalten. Erstens stehen die Hütten vor einem beachtlichen Müllberg, zweitens hat die Regierung sich die Stimmen des (kein Wort Spanisch sprechenden) Stammes offensichtlich durch einen Aussenbord-Motor für deren Boote gesichert.Wir fahren weiter zur Familie von Rogers Assistenten. Die leben zwar etwas organisierter, allerdings hat auch hier der (eine) Vater vier Frauen und 32 Kinder...

Wir fahren weiter und biegen wieder in einen Seitenarm des Orinoco ein. Da das Wasser so niedrig ist müssen wir uns dreimal durch Wasserlilienfelder arbeiten, dafür sehen wir wieder Massen an Vögeln und in einem kleinen See Flussdelfine. Hier halten wir dann auch für Picknick und Siesta. Auf dem Heimweg ziehen Wolken auf - das Ende der Trockenzeit ist da (oder wir sind Regenmachen, sicher wär ich mir da nicht). Da der Regen hier mit 23 km/h unterwegs ist, wie Roger natürlich weiss, klemmen wir uns zwischen zwei Regenwände und kommen so trotzdem halbwegs trocken heim.

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Ein Faultier faellt uns direkt vor die Fuesse

Dort erwartet uns Ninoska bereits mit dem Essen - es gibt Wels und Silberfisch, frisch aus dem Fluss. Leeeecker... In der Zwischenzweit ist zwar noch ein spanisches Paar angekommen, trotzdem ist der Abend gewohnt früh zu Ende.

Den letzten halben Tag verbringen wir zur Abwechslung nicht auf dem Boot. Roger hat kürzlich begonnen, den Regenwald im Hinterland des Flusses mit GPS zu erkunden, und dahin will er uns jetzt mitnehmen. Dank dem Regen am Vortag erwartet er reichlich Tierkontakt, welcher bereits beim Frühstück mit einem Brüllaffen-Konzert beginnt (bisher waren die Tiere eher stumm gewesen).

Beim Betreten des Waldes fliegen dann seltene rote Aras über uns (die GANZ grossen Papageien, nur fürs Protokoll), und kurz darauf hören wir Wildschweine. Die hören uns dummerweise allerdings nicht, bzw. für ihren Geschmack zu spät, und so zieht Roger plötzlich eine Knarre aus dem Rucksack (!!)und gibt das Kommando: "sucht Euch einen Baum, die Viecher können gleich angreifen, und wenn sie das machen muesst Ihr klettern!!". Ja danke - kann ich nicht lieber einfach wegfliegen?! Kann ich nämlich genauso gut wie Bäume besteigen... Zum Glück überlegen es sich die Biester abend anders, und so geht jeder seiner Wege.

Während wir durch den Wald schwitzen fängt es wieder an zu regnen. Plötzlich tut es hinter uns einen Schlag - nach der Erfahrung von eben schicken wir den Indio zum kucken. Hätten wir uns aber dieses Mal sparen können, er meldet einen ungefährlichen Ameisenbären. Als wir näher kommen stellt sich zwar heraus, dass das Tier tatsächlich ungefährlich ist, aber Roman klärt ihn dann doch auf, dass er keinen Nasenbären sondern ein Faultier vor sich hat. Dieses hat mit seinem Jungen auf dem Bauch wohl den Halt verloren und sitzt jetzt nass und benommen vor uns.

Auf dem Rückweg sehen wir noch Tukane, und dann ist es auch schon wieder Zeit, sich zu verabschieden. Rogers Bruder fährt uns noch zurück in die Stadt, und von da aus gehts mit dem Sammeltaxi Richtung Küste und Strand. Eigentlich wollten wir sehen, wie weit wir an dem Tag damit überhaupt kommen, aber das Glück ist uns hold und unser Fahrer muss in das gleiche Kaff, in das wir auch wollen. So schaffen wir die ganzen 6 Std bis zu unserer neuen Posada Nena und trinken abends mit den Hamburgern Cuba Libre, die wir schon in der La Casita in Ciudad Bolivar getroffen hatten.

deltaSturm
Die Regenzeit kündigt sich an - dicke Wolken ueber dem Camp

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