Wir haben hier schon öfter Annekdoten erlebt, nach denen wir uns (frei nach Olli Welke) dachten: Sachen gibts, das könnste Dir nicht ausdenken... In den letzten Tagen hatten wir sowas gehäuft.
Angefangen hat alles damit, dass wir als Liebhaber guter Weine uns natürlich auch die lokale Weinregion intensiver zu Gemüte führen wollten. Wie überall sonst auch ist das nicht schwierig, die Winzer wollen ihren Stoff verkaufen, also reihen sich auch hier eine Winzerei an die nächste. Während man in Franken und Australien zwischen den Gütern läuft, fährt man hier mit dem Radl, das wussten wir auch schon. In Blenheim, bzw. präziser in Renwick, dem Vorort und Zentrum der Güter steuern wir erstmal die lokale I-Site, das Touribüro an. Erfahrungsgemäß in diesen Breiten ein Quell des Wissens. Redick hat definitiv die coolste I-Site bisher, wir dachten erstmal, wir wären falsch. In Redick ist das Touri-Büro nämlich gleichzeitig ein Woll-Laden, und kein besonders gut aufgeräumter. Konkret haben wir den Laden eigentlich nicht betreten können weil er so vollgestopft war mit Wolle. Aber die nette ältliche Besitzerin und oberste Touri-Führerin in Personalunion sah darin kein Problem und hat ihre Beratung einfach vor dem Laden auf der Straße gemacht. Kurze Zeit später hatten wir also eine Übersichtskarte und alle nötigen Infos. Als Stellplatz empfahl sie uns einen Parkplatz 300m die Straße runter. Haben wir uns auch gleich hingestellt, allerdings waren auf dem Riesenparkplatz nur 10 Plätze für Camper freigegeben. Was wir erst gesehen haben, als wir schon den Hänger ausgepackt hatten, um die erste Weinprobe anzugehen, wollten wir uns später drum kümmern.
Als Tagesprogramm hatte uns die Touri-Strickliesl uns einen Stadtspaziergang empfohlen. Redick besteht aber aus genau einer Straße, die jetzt auch nicht besonders sehenswert ist, und uns drückte die Leber, also haben wir uns frohen Mutes auf die Weinwanderung zum ersten Weingut gemacht. War ja auch erst kurz nach 2, wir hatten also massig Zeit bis die Güter um 5 schließen. Lief auch echt super, wir schmetterten Kinderlieder und Rufus lief prima mit, nur leider liefen wir alle in die falsche Richtung. Auf dem Rückweg haben wir gesehen, dass der Parkplatz sich langsam füllt, also noch fix in die richtigen Parkplätze stellen. Ich hatte in der Zwischenzeit einen Eisladen entdeckt und wollte Rufus was gutes tun. Also folgte die nächste Pause, es war mittlerweile kurz vor 4. Etz aber fix!! Aber alle Eltern wissen: Eile und Kinder, keine gute Mischung. Heißt: Henry bekam einen fetten Hungerast. Wieder rechts ran, füttern. und damit bekam die Strickliesl mit ihrem Stadtspatziergang doch noch Recht, denn nach der Raubtierfütterung war es zu spät, um noch zum Weingut zu laufen. Also zurück zum Womo, den Nachmittag relaxed ausklingen lassen. Und irgendwann das Essen kochen. Ja, bis wir Besuch von einem Offiziellen bekommen, der das richtige Parken der Camper prüft. Der erklärt uns, dass wir falsch parken. Was bei näherem Hinsehen stimmt - freigegeben ist jeder zweite Parkplatz, fünf und fünf gegenüber voneinander, und wir stehen auf dem sechsten. Heißt: Abflug oder 200$ Strafe. Wir dürfen aber noch Essen. Der nächste offizielle Platz ist 15km weg, in Marlborough ist freies Campen nämlich verboten. Alternativ vermietet das örtliche Backpacker-Hostel seinen Parkplatz, für nur 38$ pro Nacht. Ein Blick in die CamperApp verrät uns aber noch ein Geschäftsmodel - 2 lokale Kneipen lassen Camper übernachten, wenn man dort isst oder trinkt. Also nix wie hin. Auf die Art kommt unser Babyphone einmal mehr zum Einsatz, und wir erleben, was die Dorfjugend hier so Freitag Abends treibt.
Den nächsten Tag starten wir mit Ver-/Entsorgen und einem neuen Versuch auf dem Parkplatz von gestern, hinter der Kneipe ist es auf Dauer nicht so hübsch. Dann leihen wir uns Räder, allerdings dürften wir diesmal unseren Hänger nicht an die Leih-Räder machen sondern müssen die Jungs in einen Hundehänger verfrachten, der weder vernünftige Gurte noch überhaupt altersgerechte Sitzmöglichkeiten bietet. Wir bekommen auch den Hinweis, wir sollen lieber nicht über Gras fahren, Schlaglöcher und Schotter meiden, die Rücktrittbremse nicht benutzen undundund, weil das gefährlich ist. Wohlgemerkt, wir haben Holland-Räder gemietet und die Route hatte vielleicht 7km. Aber - wiedermal nix zu machen, so oder gar nicht. Dafür bekommen wir hilfreiche Tipps, welche der immerhin 30 Weingüter sich lohnen. Also auf, nächste Station: Weingut Forrest. Für 7$ bekamen wir 7 Weine, von denen wir drei lecker fanden. Und eine Banane für Rufus und Spielzeug für beide Jungs, sonst hätten wir keinen einzigen Wein in Ruhe probiert. Der nächste Weg war eigentlich nur 1km lang. Vorausgesetzt, man nimmt nicht (wiedermal, verdammt) die falsche Richtung. Aber dadurch hatten die Jungs die Chance, in ihrem Hundehänger einzuschlafen, und wir, angekommen beim nächsten Weingut Framingham, die Chance auf eine gediegene und ungestörte Weinprobe. Zumindest bis zur Hälfte, als Henry wieder auf der Bildfläche aufgetaucht ist und sein Mittagessen auf einem Weinfass sitzend zu sich genommen hat. Wir bekamen derweilen von dem netten asiatischen Weinführer einen detailierten Überblick über die hiesigen Weine, Anbauarten und sonstigen Gepflogenheiten, und weil das Gespräch so nett war 10 Weine statt der normalen 6, und die 4 zusätzlichen waren auch noch besondere Schätzchen. Glückskinder halt. Und nachdem wir 3 Flaschen kaufen, ist die Weinprobe auch noch umsonst.
Die letzte Station machen wir bei Bladen, einem Familienweingut mit Bio-Anbau. Hier hat man den Eindruck, im Garten der Eigentümer zu sitzen, alles ist eher einfach statt mondän wie auf den anderen beiden Gütern, dafür gibt es zusätzlich zum Wein eine leckere Käseplatte für uns und einen Hund (zum Anschauen/Streicheln) für Rufus. Da es schon wieder auf die magischen 5 Uhr zugeht, fahren wir zurück zum Fahrradverleiher, müssen dort aber unverrichteter Dinge, also mit Rädern und ohne unseren eigenen Hänger wieder gehen weil keiner da ist. Also zurück zum Womo, dann toben wir halt noch auf der Wiese. Beim 2. Versuch klappt der Rücktausch dann, und weil sie uns so nett findet, bekommen wir von der Dame des Hauses noch Spinat, Mangold, Kohl, Tomaten, frische Kräuter und Frühlingszwiebeln, eine ganze Tüte voll. Ja, die Kiwis sind speziell, aber eben einfach nett.
Am nächsten Tag fahren wir über Blenheim nach Picton. Hier geht die Fähre von den Süd- auf die Nordinsel. Ich hatte daheim mal sicherheitshalber ein Ticket gebucht, weil ich irgendwo gelesen hatte, dass man das rechtzeitig tun sollte. Völliger Unsinn wie sich jetzt rausstellt, wir wollen nämlich 2 Tage früher fahren. Laut Konditionen kein Problem, wir lernen aber, dass wir einen Aufschlag auf den aktuellen Preis zahlen müssen, weil unser Tarif nicht mehr verfügbar ist - aber das sind gerade mal 36$. Außerdem buchen wir eine Tour für den nächsten Tag, Delfine und was uns sonst noch so vor die Augen läuft kucken. Den Nachmittag verbringen wir damit, die Pictoner Haupt(und eigentlich einzige)straße entlangzuschlendern, Eis zu essen und den lieben Gott einen guten Mann sein zu lassen. Picton selbst ist wiedermal ein wirklich hübsches Nest am Ende des Queen Charlotte Sounds. Der Sound hier (zu Deutsch Fjord) ist wesentlich breiter als der Milford Sound, außerdem sieht man überall kleine Segelboote. Zusammen mit dem Sonnenschein und den Palmen kommt man sich eher vor wie an der französischen Riviera. Da man in Picton nicht frei stehen darf und die 3 Campgrounds teuer sind, fahren wir aus der Stadt auf einen DOC-Campground direkt am Sound, und als die Kinder ratzen sitzen Roman und ich noch lange draußen und genießen die Sterne.
Am nächsten Tag läufts mal wieder. Wir stellen das Womo auf dem günstigsten Campground ab, da wir erstens Waschen müssen, zweitens der Inverter kaputt ist und wir daher mal Strom brauchen und wir drittens vor der Fährfahrt morgen auch gerne direkt in Picton aufwachen wollen um möglichst noch was von dem Tag zu haben. Da wir noch anderthalb Stunden Zeit haben, gehen wir gaaanz gemütlich nach Picton. Ich erstehe noch ein Shirt und einen Pulli, und dann fällt uns auf: der Hänger hat einen Platten. Und wir natürlich kein Flickzeug. Der Weg durch 2 Läden und das Flicken ohne Werkzeug (ja, mein Mann kann das, aber sorry Mädels, der is vom Markt) sorgen dafür, dass wir es grade noch so zur Abfahrt zu unserer Delfin-Tour schaffen. Wie versprochen sind außer uns nur noch 8 weitere Erwachsene auf dem kleinen Kathamaran. Sehr cool, so mögen wir das. Ein deutsches Päärchen reist mit einem 4 Monate alten Baby, und die sehen eigentlich nicht besonders abenteuerfreudig aus. Ja, man sieht, es geht immer noch wilder, das hätte nicht mal ich mich getraut...
Die Tour geht den Queen Charlotte Sound hoch, wir sehen diverseste Vögel, Robben und stoppen auf einer kleinen Insel. Dort wurden alle eingeschleppten Viecher wieder ausgerottet, und jetzt kann man die lokale Vogelwelt wieder bestaunen. Sehr schön, macht wirlich Spass auch den Jungs! Auf dem Rückweg steuern der Steuer-Seebär und seine schottische Biologin einige Buchten an, in denen wir erst einen Pinguin und später dann auch einen Hector-Delfin sehen. Beide sind eher schwer auszumachen, für die Jungs also keine Chance, aber die Crew bewacht sie liebevoll, während Roman und ich Fotos machen. Beide finden die Schrifffahrt dafür umso cooler und haben einen Riesenspass, den Wellengang auszugleichen, Rufus laufend, Henry sitzend. Als wir heimkommen, ist es schon relativ spät, und der Hänger-Reifen ist schon wieder platt. Entsprechend spät wird der Abend, aber wir sind nach der schönen Tour so guter Laune, dass das kein Problem ist.
Heute früh packen wir unsere 7 Sachen, buchen uns in Wellington in eine Werkstatt ein (die Türe geht mittlerweile gar nicht mehr auf und der Inverter ist nicht leer sondern hin) und stellen uns dann nach Picton rein. Den Vormittag verbringen wir auf dem lokalen Spielplatz, der auch einen wirklich schönen Wasserbereich hat, sehr zur Freude unserer Jungs. Um 1 checken wir für die Fähre ein, die um 2 fahren soll. Fahren tun tut sie um 3. Was zur Folge hat, dass wir erst um 7 in Wellington sind. Die Überfahrt ist wunderschön, da man nochmal den kompletten Queen Charlotte Sound hochfährt. Wellington begrüßt uns ohne Campgrounds (!!) und mit 2 offiziell freigegebenen Stellplätzen. Wir fahren den ersten mitten im Ausgehviertel an, in der Hoffnung hier dann auch schnell Abendessen zu bekommen. Das hätte vermutlich auch geklappt, allerdings ist der Stellplatz eine Zumutung, krum und schief, hier können wir unmöglich schlafen, da fliegen wir alle aus den Betten. Also weiter, sehr zu Rufus' Freude. Der zweite offizielle Stellplatz ist grade, allerdings geht unser Womo nur auf Zehenspitzen in den Parkplatz, der eigentlich für PKWs gedacht ist. Und wir sind mit 7,40m eher... zwei PKWs. Da der eine Parkplatz aber schon 30$ kostet (nur Parkgebühr, wohlgemerkt), gibts keine 2 Plätze. Sowas, die Stadt wo garantiert JEDER hinkommt, und dann gibt es KEINE Möglichkeit, mit dem Womo zu übernachten, und hier sind ja eigentlich alle mit Womos unterwegs... Das ist mal eine Begrüßung im sonnigen Norden!! Wir kochen Nudeln und wärmen unsere Not-Soße auf, und um 9 fallen die Jungs tot ins Bett.